Als "ein großartiges vorweihnachtliches Geschenk" hat Aalens Oberbürgermeister
Frederick Brütting die Aufführung des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach durch den Aalener Kammerchor in der voll besetzten St. Stephanus-Kirche
in Aalen-Wasseralfingen gewürdigt. Brütting hat dieses Lob gleich zu Beginn des Konzerts ausgesprochen. Die Sängerinnen und Sänger haben es sich zusammen mit
dem "ensemble variable" und einem exquisiten Solistenquartett unter der klaren und energischen Stabführung von Thomas Baur anschließend mehr als redlich
verdient.
Der Dirigent hat sich auf die Teile I-III beschränkt, und mit ihnen 80 intensive Minuten beschert. Im zweiten Konzert in seinem Jubiläumsjahr
hat sich der 1983 gegründete Konzertchor wieder bestens präpariert gezeigt. Dynamisch makellos, klanglich absolut ausgewogen und im Zusammenspiel mit dem
Orchester und den Gesangssolisten tadellos, hat er vor allem in den Chorpartien die Herzen höher schlagen lassen.
Eine helle Freude
Bevor der Chor den Klassiker dieses Oratoriums "Jauchzet, frohlocket" im "Die Geburt des Herrn" überschriebenen Teil eins anstimmt, nimmt das "ensemble variable"
gleich Fahrt auf. Und fortan frohlockt es, dass es eine helle Freude ist. Gleich mit seinem ersten Rezitativ stellt sich der Tenor Christopher Fischer in der
Evangelistenrolle als ausdrucksstarker, den Text fein ausleuchtender Erzähler vor.
Überzeugende Solisten
Nicht minder überzeugend der Altus Jonathan Mayenschein, der sich in seiner Höhenlage sowohl im Rezitativ als auch in der Arie hörbar wohlfühlt. Ohnehin sind
die melodischen Grenzen zwischen Rezitativen und Arien fließend.
Bach hat gewusst, wie man Farbe ins musikalische Geschehen bringt. Der glockenreine, feine Sopran von Natasha Schnur trifft auf den kraftvollen Bass von Andreas Beinhauer.
In Teil zwei "Die Verkündigung an die Hirten" ist die Tenorarie "Frohe Hirten, eilt" im Wechselspiel mit einer Querflötistin eine weitere Preziose.
Klangliche Süße ohne Zuckerguss bietet die umfangreiche Altarie "Schlafe, mein Liebster". Mit "Herrscher des Himmels" eröffnet der Chor Teil drei:
"Anbetung der Hirten". Hier besticht nochmals das innige Duett von Sopran und Bass. Bis das Oratorium mit der Reprise des Eröffnungschores trostvoll endet.
"Standing Ovations" sind der Dank des Publikums.
Wolfgang Nussbaumer, SCHWÄBISCHE POST, 13.12.2023
In der Salvatorkirche war ein stattliches Publikum versammelt zum Festkonzert des Aalener Kammerchores zum 40. Geburtstag des Ensembles.
Unter der Leitung von Thomas Baur präsentierte sich der Chor mit Kirchenmusik aus mehreren Jahrhunderten und zum glanzvollen Schluss mit
der Welturaufführung einer Messe, komponiert vom Aalener Komponisten Edgar Mann im Auftrag des Kammerchores zu dessen 40. Bestehen.
"Ehre sei Gott in der Höhe" stand am Anfang des Programms. Das Werk von Felix Mendelssohn Bartholdy erklang mit Ambition und kontrollierter Wucht.
Schöne, kontrastreiche Phrasierungen, starke dynamische Differenzierungen gaben der Eröffnung des Konzertes festlichen Glanz. Und zeugten vom
souveränen Können des Chores. Die vier Stimmgruppen wirkten ausgewogen und wohlklingend.
Monteverdis sechsstimmiges Madrigal "Cantate Domino" war im Corona-Lockdown ins Repertoire des Chores gelangt als digitale Arbeit und Internetperformance.
Jetzt konnte das Ergebnis in der großartigen Akustik der Salvatorkirche bewundert werden, die Sicherheit der Sängerinnen und Sänger, ihre Souveränität
bei Einsätzen und Phrasierungen, die dichte Kommunikation mit dem Dirigenten.
Auf Monteverdi folgte Thomas Baur. Clara Chorus hat er seine Komposition auf einen Hymnus aus dem Mittelalter genannt, ein Werk von großer Schönheit,
mit wunderbaren Effekten und spiritueller Tiefe.
Auf Baur folgte Bruckner. Dessen "Os Justi" formte Thomas Baur zu einem massiven Glaubensbekenntnis, der Chor kam an seine hochgesteckten Grenzen.
Das "Jauchzet dem Herrn alle Welt" von Mendelssohn danach nahm die große Stimmung auf, das Konzert blieb auf dem guten Niveau. Der grade in diesem
Stück so wichtige Chor-Bass blieb bei seiner vornehmen Zurückhaltung.
Nach Chorwerken von Wolfram Buchenberg und Bob Chilcott und dem Auftritt der Six-for-Brass-Blechbläser mit Paean of Praise von Eugene Butler
dann das Finale mit der Messe Missa Brevis Pentecostes von Edgar Mann. Wie aus dem Nichts entfaltet sich ein Klanggebäude voller Schönheit und Vielfalt.
Der Text entspricht der lateinischen Pfingstmesse. Edgar Mann bricht den Sermon in viele vokale Sequenzen, die sich überlagern, Vielsprachigkeit
simulieren und so auch das Pfingstereignis markieren. Das ganze Stück klingt kontemplativ und ist effektvoll zugleich. Dass der Text des
Chores kaum zu verstehen ist, tut der formidablen Qualität der Komposition keinen Abbruch. Die Solosopranistin Natasha Schnur singt mit
bester Opern-Attitüde Versatzstücke einer Arie auf den Chorklang. Hans-Roman Kitterer akzentuiert den Part der selbstbewussten Orgel mit
sensibler Eleganz, die sechs Bläser geben dem großen Sound Kraft und Würde. Edgar Mann hat mit dieser Pfingstmesse dem Chor, seiner Heimatstadt,
der Musikwelt ein Geschenk gemacht. Thomas Baur und der Aalener Kammerchor und die Solisten haben es großartig präsentiert. Chapeau.
Rainer Wiese, SCHWÄBISCHE, 26.06.2023
Zu einem musikalischen Waldspaziergang hat der Aalener Kammerchor am Samstagabend eingeladen, und rund 200 Zuhörerinnen und Zuhörer wollten mit dabei sein.
Sängerinnen und Sänger trafen sich mit dem Publikum allerdings nicht irgendwo im dunklen Tann sondern im KubAA. Der schimmerte schon von außen grünlich illuminiert, das war aber auch der einzige optische Hinweis auf das Thema.
Der Wald - mystischer Sehnsuchtsort -, was hat er nicht schon alles erlebt und gesehen: von Asterix und Obelix über das märchenhafte Rotkäppchen bis hin zu den Zeitgenossen, die beim "Waldbaden" sich selbst finden wollen und Bäume umarmen.
Komponisten aller Epochen hat er darüber hinaus zu zahlreichen Werken animiert. Vor allem in der Romantik des 19. Jahrhundert hatte er Konjunktur. Zu einem musikalischen Waldspaziergang gehören also die romantischen Lieder von
Mendelssohn-Bartholdy, Brahms oder Reger wie etwa "O Täler weit, o Höhen", "Waldesnacht" oder "Es geht ein Wehen durch den Wald". Chorleiter Thomas Baur und der Chor haben in den romantischen Teil des Programms dazu auch den
populären Jägerchor aus dem "Freischütz" von Carl-Maria von Weber aufgenommen. Dabei entpuppten sich die Männer des Chors als humorige Truppe, die nach der Pause keck behütet einmarschierte und den Jägerchor auf Kazoos zum Besten gab.
Dieser zweite Teil des Konzerts widmete sich dann zeitgenössischen Komponisten wie etwa dem Schweden Emil Raberg (*1985), Eric Whitacre (*1970) aus den USA oder dem Brasilianer Marcos Leite (1953 - 2002), zu seinen
"Tres Cantos Nativos" von den Gesängen des indigenen Stammes der Kraó inspiriert. In diesem Abstecher in den brasilianischen Regenwald zauberte der Kammerchor auf ausgesprochen originelle Art und Weise die Trommeln und die
tierische Geräuschkulisse des Amazonas auf die Bühne des KubAA.
Aber auch im romantischen Genre überzeugte der Chor unter Baurs engagierter Leitung mit feiner Intonation, lebhafter Dynamik, perfekter Artikulation und einer inspirierten, sorgfältigen Interpretation sowohl im hauchzarten
Pianissimo, als auch im kraftvollen Forte. Die Sopranistinnen meisterten scheinbar mühelos die hohen, ausgesetzten Lagen, Tenören und Bässen gelang es, ihre zahlenmäßige Unterlegenheit im Chor weitgehend auszugleichen.
Dass der Chor die ganze Breite der Bühne nutzte, also "auf Abstand" positioniert war, förderte die Transparenz des Klangbilds, stellte allerdings auch an jedes einzelne Chormitglied erhöhte Anforderungen an die stimmliche
Substanz und die Konzentration auf den Dirigenten. Beides wurde in hohem Maße erfüllt.
SCHWÄBISCHE, 20.11.2022
Der Aalener Kammerchor ist vollends aus der Coronapause zurück. Am Sonntagnachmittag ließ er unter der Leitung von Thomas Baur ein Programm hören, das in einer kleineren Besetzung schon am Beginn der Sommerferien in Ellwangen zu erleben
war, jetzt aber den knapp 40-köpfigen Chor in alter Frische und auf hohem musikalischen Niveau präsentierte, vor unter Coronabedingungen gezählt fast vollem Haus. Das Publikum reagierte begeistert.
Geistliche Chormusik in der Salvatorkirche mit Kompositionen aus Renaissance und Romantik, zwei zeitgenössische Werke gegen Ende und eine Uraufführung eines Werkes von Thomas Baur (Clara Chorus) mitten in der Romantik platziert, wo es
nach seiner Art auch hingehört. Das Stück klingt romantisch, überraschende harmonische Wendungen und schöne Dissonanzen weisen es in souveräner modernen Eigenständigkeit aus.
Mit einem großen Forte beginnt das Jubilate Deo von Orlando di Lasso das Konzert, mächtig und beherrscht zugleich, der frische, junge, präsente Sound wird von der großzügigen Akustik des Raumes unterstützt. Die kommt auch dem
zurückhaltend intonierten „If ye know me“ von Thomas Tallis zugute.
Im Romantik-Block, dem größten Teil des Konzertes, zeigt Thomas Baur eine stark weiterentwickelte Stärke des Chores, die Transparenz und die Ausgewogenheit der Stimmen. Der Alt steht in Kraft und Gestaltungsbereitschaft dem traditionell
starken Sopran in nichts nach und wird in der Interpretation der meisten Stücke von Baur bestens gefördert. Noch mehr als der Bass gibt der glanzvolle Tenor dem Chor musikalisches und ausdeutendes Rückgrat.
Achtstimmige Stücke, Hits der Kirchenmusik wie Bruckners Locus Iste und Os justi, das vertraute Rosa Vernans Caritas von Rihard Dubra komplettieren ein Programm, das im zweiten Teil von zwei Werken von Felix Mendelssohn-Bartholdy
(„Ehre sei Gott in der Höhe“ und Psalm 100) geprägt wurde. Beide Werke wurden differenziert wie Erzählungen in musikalischen Kapiteln vorgetragen, technisch perfekt, hinreißend dirigiert, wunderbar anzuhören.
Rheinberger dann mit dem Salve Regina und als Zugabe mit dem „Abendlied“ zum Schluss einer großartigen Stunde der Kirchenmusik. Das Publikum in der Aalener Salvatorkirche dankte mit einem außergewöhnlich intensiven Applaus.
SCHWÄBISCHE POST, 18.10.2021
Wir erreichen Thomas Baur - natürlich - im Homeoffice. Und er ist im Stress. Unterricht, Telefon, Moodle: "Gerade brechen alle Systeme zusammen", sagt der Lehrer lachend. Aber Baur ist nicht "nur" Lehrer. Er ist auch - unter anderem -
Dirigent des Aalener Kammerchors. Gemeinsam mit seinem Kammerchor hat er nun ein virtuelles Konzert eingespielt. Zu hören ist Claudio Monteverdis "Cantate Domino". Hinter den 32 Sängerinnen und Sängern und auch hinter dem Dirigenten, der
zudem für Ton und Schnitt verantwortlich zeichnet, liegt ein hartes Stück Arbeit. Aber, da sind sich alle einig, die Arbeit hat sich gelohnt. Unser Redakteur Ansgar König hat sich mit Thomas Baur unterhalten.
Herr Baur, wann und wie kamen sie auf die Idee, ein virtuelles Konzert mit dem Chor einzuspielen?
Das geht zurück bis ins Frühjahr 2020. Wir hatten für Mai ein Konzert geplant, das dann wegen des ersten Lockdowns ausfallen musste. Wir wollten das dann auf den Herbst verschieben, mit Orchester, aber auch das ließ sich nicht verwirklichen.
So haben wir im Sommer ein Corona-Programm erarbeitet und, was damals noch möglich war, in 10er und 20er-Gruppen geprobt, zum Beispiel auf dem Schulhof des Aalener Theodor-Heuss-Gymnasiums. Für mehrere A-cappella-Stücke aus der Romantik
haben wir sogar im Oktober in der Greuthalle proben können. Dann, im November, kam erneut ein Lockdown. Und da ich bereits im Frühjahr mit dem Kammerchor des Wasseralfinger Kopernikus-Gymnasiums mit guten Erfahrungen etwas Ähnliches
gemacht hatte, haben wir uns für den Aalener Kammerchor ebenfalls ein virtuelles Projekt vorgenommen, ein Stück, ein relativ kurzes, eben Monteverdis "Cantate Domino".
Wie haben die Chormitglieder reagiert?
Das war alles nicht so einfach. Chorsänger sind es gewohnt, nicht allein, sondern in Gruppen zu singen, aufeinander zu hören, gemeinsam zu atmen. Das macht ja auch den Reiz eines Chors aus. Ich habe meinen Sängerinnen und Sängern ein
Video zugeschickt - mit meinem Dirigat für alle sechs Stimmen. Zudem mit einer Klavierspur im Hintergrund als Referenz, als Leitschiene. Auf dieses Video mussten die Sänger dann mit dem Knopf im Ohr singen und sich selbst aufnehmen. Das
klingt zunächst relativ maschinell. Die Interaktion, auch die mit dem Dirigenten, fehlt total. Ich höre ja während des Stücks auch rein in den Chor. Einige Sängerinnen und Sänger hatten da zunächst Bedenken, ob so etwas funktionieren kann.
Die Erfahrung zeigt, dass einem ja meist die eigene Stimme fremd erscheint, wenn man sie als Aufnahme hört. Das kostet schon große Überwindung. 32 Sängerinnen und Sänger aber haben mitgemacht, nicht alle, aber die meisten.
Eignet sich jedes Stück?
Eigentlich ja, aber wir haben Monteverdis Stück aus dem Frühbarock bewusst ausgewählt, auch wenn es ein sehr hohes Tempo hat und es deshalb schwierig ist, exakt zu singen. Die Aufnahme startet mit einem Klick, dann folgt ein Klatschen der
Sänger. Das hilft mir später, die einzelnen Aufnahmen zu synchronisieren. Der Start war also vergleichsweise problematisch. Schwieriger sind Stücke mit Agogik, also mit wechselnden Tempi. Monteverdi aber hat einen relativ gleichmäßigen
Rhythmus.
Und für Sie fing die Arbeit nach den Aufnahmen erst richtig an?
Ja, denn gängige Videobearbeitungsprogramme sind für so etwas ungeeignet. Ich habe mir erst die Tonspuren rausgezogen und dann mit einem Audiobearbeitungsprogramm synchronisiert. Dann kamen die Videoaufnahmen hinzu. Über mehrere Tage
verteilt habe ich da mindestens 15 Stunden investiert, zumal das Material manchmal auch nur tröpfchenweise einging. Die Sängerinnen und Sänger mussten schließlich mit zwei digitalen Geräten gleichzeitig umgehen - eins zum Hören und Sehen,
eins für die Aufnahme. Aber, und das ist das Positive: mit dem Ergebnis sind rundherum alle zufrieden, manche waren erstaunt, wie gut das klingt.
Was bleibt für Sie sonst noch Positives übrig?
Noch nie waren alle Chorsängerinnen und -sänger so gut vorbereitet auf ein bestimmtes Stück. Für die Zeit nach Corona habe ich die Hoffnung, dass wir dieses positive Gefühl mitnehmen können. Der Aalener Kammerchor probt nur alle vier
Wochen, die Sänger müssen sich eh stets zu Hause vorbereiten. Da kann die digitale Hilfe durchaus eine Möglichkeit sein. Ich hoffe, dass, wenn wir das zwei-, dreimal gemacht haben, wir auch in Zukunft in der Vorbereitung mit solchen
Hilfedateien arbeiten können, dass die Hemmschwelle sinkt. Ich sage im Spaß immer: eigentlich sollten wir vor jedem Konzert so ein virtuelles Projekt machen.
Das Video gibt´s hier: https://youtu.be/kV8g2nHrR-g
AALENER NACHRICHTEN, 13.01.2021
Die Corona-Pandemie hat die Chöre verstummen lassen, das gemeinsame Singen ist derzeit nicht möglich. Der Aalener Kammerchor geht in dieser schwierigen Situation ungewöhnliche Wege und wagt sich erstmals an ein virtuelles Projekt:
„Cantate Domino“ von Claudio Monteverdi wurde von den Choristen einzeln eingesungen und am Computer zusammengesetzt.
Dem Kammerchor ging es im letzten Jahr wie vielen Ensembles. Das für Mai geplante Konzert wurde abgesagt, ebenso der Auftritt im November. Seinen Chor hat Thomas Baur zuletzt im September dirigiert. Was tun, wenn man sich so lange nicht
sieht? „Man bringt die Chormitglieder virtuell zusammen“, sagt Baur. Er hat das Projekt initiiert. Gemeinsames Singen über Videokonferenz funktioniere aber aufgrund der Verzögerungen nicht, erklärt der Chorleiter, der das virtuelle
Singen bereits mit seinen Schulchören am KGW ausprobiert hat.
Jedes Chormitglied singt seine Stimme ein Wie entstand die Aufnahme? Sängerinnen und Sänger erhielten ein Übungsvideo mit dem Dirigat und den eingespielten Stimmen, unterlegt vom Ticken des Metronoms.
Mithilfe der Videodatei sollte jedes Chormitglied seine Stimme einsingen und mit dem Handy aufnehmen.
Thomas Baur hat die Stimmen dann übereinandergelegt und bearbeitet: Klangfarben ausgeglichen, störende Geräusche ausgeblendet und eine Prise Hall dazugegeben. „Damit es nicht so nach trockener Wohnzimmerakustik klingt“, sagt er.
Keine drei Minuten dauert das Stück. 10 bis 15 Stunden habe er für die Fertigstellung gebraucht, erzählt Baur.
Die Motette „Cantate Domino“ von Monteverdi Für das Übungsvideo hat sich der Chorleiter selbst vor die Kamera gestellt und dirigiert. Wie fühlt es sich an, wenn man die Einsätze ins Leere gibt? „Es fehlt der Blick
in die Gesichter und die Reaktion des Chors, es fehlt die Interaktion“, resümiert der Dirigent. Man müsse sich darauf einstellen, auch wenn es ungewohnt ist. „Man wird von der Musik getragen.“ Bewusst hat Thomas Baur daher auch
Monteverdis Motette, ein Stück „mit klarem Puls“, ausgewählt. Denn Tempowechsel sind problematisch, wenn das gemeinsame Atmen fehlt. „Jeder empfindet anders“, erklärt er.
Der Musiker freut sich über das gelungene Ergebnis, auch wenn manche Chormitglieder sich wohl überwinden mussten. „Die Skepsis war da“, bestätigt Chorsängerin Irmi Grasmannsdorf. Nur sich selber hören und ins Mikrofon singen –
das ist kein richtiges Chorsingen, so die Einwände. Das Vorhaben wurde im Vorstand besprochen. Man entschied sich dafür. „Wenn man schon so einen Chorleiter hat, der das kann.“
Auch Irmi Grasmannsdorf musste sich einen Schubs geben. Es koste Überwindung, sich zu Hause vor den Computer zu stellen und allein ins Handy zu singen, Kopfhörer auf den Ohren, erzählt die Altistin. „Das Ergebnis hört sich zuerst
kümmerlich an.“ Sie hat ihre Stimme auswendig gelernt, um nicht auch noch aufs Notenblatt schauen zu müssen.
Nach 15 Versuchen war sie zufrieden und hat die Aufnahme abgeschickt – wie 32 andere Sänger auch. Irmi Grasmannsdorf: „Es hat sich gelohnt.“
Info: „Cantate Domino“ unter folgendem Link zu hören: https://youtu.be/kV8g2nHrR-g
SCHWÄBISCHE POST, 14.01.2021
Ambitioniert ist das Programm „Bruckner Motetten“, das der Aalener Kammerchor unter der Leitung von Thomas Baur und gemeinsam mit dem Konzertorganisten Hans-Roman Kitterer am Freitagabend in der evangelischen Kirche in Königsbronn
aufführte.
Am Ende steht Thomas Baur auf der Kanzel, sein Kammerchor drängt sich auf der niedrigen Empore: Mit fröhlicher Leichtigkeit swingt das „Gloria“ von Jonathan Dove in den Kirchenraum, kurze, akzentuierte Phrasen, ein lockerer Dialog
zwischen dem gelösten Chor und Kitterers himmlischer Orgel. Minutenlanger Schlussapplaus begleiten die knapp 50 Sängerinnen und Sänger zurück in den Altarraum. Das Abendlied von Joseph Rheinberger beschließt als Zugabe den Abend mit
großer Musik.
Vorangegangen war eine gute Stunde intensiver Kirchenmusik. Hans-Roman Kitterer eröffnete mit vier kurzen romantischen Stücken, Mendelssohn Bartholdy, Rheinberger und die Improvisation op. 9.2 des Komponisten Paul Gerhardt (1867-1946).
Die Stücke werden wie eine Suite in den Raum gestellt, ähnlich registriert, gedackt, gelassen gespielt. Kitterer führt das Publikum in das Konzert, das mit dem Salve Regina in E-Dur von Josef G. Rheinberger beginnt.
Thomas Baur interpretiert textbezogen und zeigt fast nebenbei, was sein Kammerchor kann: fein differenzierte Dynamik vom sanften Verklingen im Pianissimo bis zum aufregenden Crescendo ins pralle Fortissimo. Dazu beste Textartikulation,
Intonationssicherheit, alles getragen von aktiver musikalischer Intelligenz auf beiden Seiten des Pultes.
Im Mittelpunkt des Programms stehen sechs Motetten von Anton Bruckner, darunter oft strapazierte Kompositionen wie Locus iste, Os justi, Christus factus est (d-moll, 1884). Es ist verdienstvoll, diese theologisch wie musikalisch so
wertvollen, in ihrer Ausprägungen so unterschiedlichen Stücke nebeneinander zu stellen, ihre Bezüge erkennbar zu machen und ihre je eigenen Qualitäten zu profilieren.
Das „Locus iste“ und das „Ave Maria“ darf man als gültige Interpretation in Erinnerung behalten. In allen Motetten ist Baurs Gestaltungswille spürbar, der Aufbau von musikalischen Spannungsbögen, die bekennende Inbrunst, mit der der
religiöse Gehalt der Werke nicht hinter die Performance geschoben wird.
Die Interpretation lässt keine Sentimentalität zu. Wo sich die lauschende Seele fallen lassen möchte in den Musikgenuss, bricht ein überraschendes Momentum, ein forciertes Crescendo zumeist in die Harmonienseligkeit ein und lenkt Gefühl
und Gedanken auf den Inhalt. Auch so soll Kirchenmusik sein.
SCHWÄBISCHE POST, 12.11.2019
Fuge trifft auf Chorgesang, Orgel-Präludium auf einen vom Sopran und Alt dominierten Gesang: Nach Königsbronn und Lauchheim war die Wasseralfinger Sankt-Stephanuskirche die letzte Station des Aalener Kammerchors mit dem Projekt zu
Bruckners Motetten, die im Dialog mit klassischen Orgelwerken standen. Zu Gehör kam dabei, wie facettenreich kirchliche Musik klingen kann, wenn sie in versierten Händen liegt.
Die Stephanuskirche ist die "Heimatkirche" des Organisten Hans-Roman Kitterer. Für das Programm in Wasseralfingen hat sich der mehrfache "Jugend-musiziert"-Preisträger und heutige Arzt die Sonate Passacaglia von Josef Rheinberger
ausgesucht und nach dem Chorblock eine Mendelssohn-Barholdy-Sonate und das Präludium in C-Dur von Anton Bruckner.
Konzertreise von Süd nach Ost - Um diesen Vertreter der österreichischen Romantik dreht sich diese "kleine", aber inhaltlich große Konzertreise von Süd nach Ost durch den Ostalbkreis über Wasseralfingen vor allem. Der geschulte, präzise
und fein abgestimmte Kammerchor (Leitung Thomas Baur) stellt Bruckner in den Fokus. Etwa mit "Virga Jesse", das still, sanft beginnt und sich immer weiter steigert, von kühnen und harmonischen Klängen, mit Kontrasten und Harmonie
aufwartet.
Das "Ave Maria" ist siebenstimmig, beginnt mit der Anrufung Mariens durch die Oberstimmen, bis die Unterstimmen den Faden aufnehmen und den Namen Jusus verkünden. Die "Locus Iste" (in C-Dur) gehörte zu Bruckners Lieblingsstücken und
wurde fast genau vor 150 Jahren uraufgeführt. Das Stück zählt nur 48 Takte, aber gehört in seiner Klarheit zu den Perlen Bruckners. In zeitgenössisches Terrain führte der Kammerchor mit dem Gloria von Jonathan Dove aus der 2009
entstandenen Missa Brevis. Auch dieses Stück in D-Dur gab der Chor beeindruckend.
AALENER NACHRICHTEN, 12.11.2019
Vom frühen Barock bis in die Gegenwart hat Thomas Baur in der Musikliteratur gestöbert, um für den Aalener Kammerchor und sein sachkundiges Publikum im voll besetzten evangelischen Gemeindehaus am Sonntag ein angemessenes Programm
auf die Beine zu stellen. Von Monteverdi bis zum zeitgenössischen US-amerikanischen Komponisten Eric Whitacre hat er seine Fundstücke zu einer musikalischen Perlenkette aufgefädelt.
Doch vor den alten Italiener und Carl Orff hat der Kammerchor das 18. Shakespeare-Sonett „Shall I compare thee to a summer’s day?“ (Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?) gesetzt – ausdrucksstark rezitiert von Adelinde Pfitzner.
Die Sängerin aus dem Alt hat auch durch das Programm geführt, mit dem der Chor tags zuvor bereits im Speratushaus in Ellwangen aufgetreten war.
Die Lyrik des großen Angelsachsen passt natürlich hervorragend zu einem Liederabend, dessen Gesänge „Liebe, Lust und Leid“ zum Inhalt haben. In kleiner Besetzung lässt der Chor den hoffnungslos verschossenen Jüngling seine Höllenqual
zu den Sternen klagen, um nahtlos und knackig mit „Odi et amo“ Carl Orff zur gleichen Gefühlslage zu Wort und Klang kommen zu lassen.
Mit Johannes Brahms und seinen „Sieben Liedern für gemischten Chor“ geht’s hinaus in den deutschen Wald – springlebendig auf dem Rößlein, angenehm ins Ohr gehend die „Waldesnacht“, deren süßes Rauschen dynamisch fein dosiert wird.
Und aufgewühlt „geht ein Wehen durch den Wald“. Die trockene Akustik des neuen Saales dämpft leider hörbar die hohen Stimmen und verhindert ein homogenes Klangbild, zumal die Sängerinnen und Sänger zwar durchmischt, jedoch in drei
Reihen breit aufgestellt stehen. Das beeinträchtigt das Hörvergnügen bei den drei Gesängen aus Robert Schumann „Dichterliebe“ nach Versen von Heinrich Heine.
Mit spürbarer Lust an der Freude spielen die Choristen bei Benjamin Brittens espritvoller „Ballad of Green Boom“ (Ballade vom grünen Besenginster) mit den Textschnipseln Ping Pong. Der 1874 gestorbene Peter Cornelius liefert mit
dem Chor „Liebe, dir ergeb ich mich“ einen harmonischen Ohrenschmeichler.
Mit Eric Whitacres wirkungsvoll gemäßigt moderner Vertonung eines hinreißenden Gedichts des 1936 von den Falangisten ermordeten spanischen Dichters Federico Garcia Lorca setzt der Kammerchor einen innigen Schlusspunkt.
Als Zugabe erklatscht sich das Publikum das einleitend rezitierte Sonett in musikalischem Gewand, effektvoll geschneidert von dem schwedischen Komponisten und Jazzpianisten Nils Lindberg.
SCHWÄBISCHE POST, 14.05.2019
Mit Verdis "Messa da Requiem" haben die Besucher in der Sankt-Stephanuskirche die wohl dramatischste Form der Liturgie mit den Mitteln der Musik und gleichzeitig vier ganz herausragende Solisten erlebt.
Das vollbestzte Kirchenschiff wurde zum Konzertsaal: Denn ein "echtes" Requiem ist das 1874 in Mailand uraufgeführte Werk ja nicht - eher eine konzertante Totenklage, die viele Extreme auslotet. Nicht nur bei den Tiefen und Höhen.
Das Collegium Vocale Schwäbisch Gmünd und der Aalener Kammerchor bereiteten den Zuhörern jedenfalls ein dramatisches, eindringliches Opus, das lange nachklingen wird.
Das Fortissimo setzt Verdi schnell an, das Requiem et Kyrie wirkt bedrohlich, Stimmen heulen panisch auf, Schreckensfanfaren nähern sich, an der Stelle "Mors stupebit" wird in den Abgrund geblickt, "Dies irae" ist der donnernde Tag des Zorns.
Das Orchester unter der Leitung von Thomas Baur spielt hochprofessionell, akzentuiert und so präzise, dass sich jede kleinste Sequenz erschließt. Der Kammerchor (Leitung Thomas Baur) ist das vokale Pendant. Nur zu gut ist zu hören,
dass er sich anspruchsvoller A-cappela-Literatur verschrieben hat und sich in letzter Zeit auf Werke aus dem 20. und 21. Jahrhundert spezialisiert hat.
Vier brillante Solisten konnten für das "Verdi-Requiem" gewonnen werden. Zum einen die mehrfache internationale Preisträgerin, die Sopranistin Celeste Siciliano, zum anderen die Mezzosopranistin Taxiarchoula Kanati, die unter anderem
Finalistin des Bundesgesangswettbewerbs 2016 in Berlin war. Der Tenor Milen Bozhkov singt an internationalen Opernhäusern und Landestheatern. Der vierte im Bunde ein aus Aalen Stammender: Andreas Beinhauer, dessen Repertoire von
sakralen Werken über die Oratorien Bachs und Werke der Romantik und Klassik bis in die zeitgenössische Musik reicht. Als Solist begeisterte er unter anderem in der zweiten Sequenz oder zusammen mit Mezzosopran und Tenor in "Lux aeterna".
AALENER NACHRICHTEN, 23.10.2018
Es gibt ein bleibendes Indiz eines eindrücklichen Hörerlebnisses: wie lange und intensiv das Nachklingen wirkt. Danach war die Aufführung von Giuseppe Verdis "Messa da Requiem" ein in jeder Weise herausragendes Ereignis.
Ob intuitiv oder kritisch aufgenommen: Die Interpretation durch das collegium vocale Schwäbisch Gmünd und den Aalener Kammerchor mit ca. 100 Sängerinnen und Sängern sowie das durch Bläser, Pauken und große Trommel verstärkte
Kammerorchester Russ mit den Konzertmeistern Prof. Albert Boesen und Gisela Roll-Russ war von einmaliger Stringenz. Die seit 2003 bestehende Zusammenarbeit ist ein Garant für diese hohe Qualität! Und die Kooperation der Chorleiter Walter
Johannes Beck und Thomas Baur (Wasseralfingen) erbrachte eine Beispiel gebende Homogenität der Chöre. Schließlich erwiesen sich die vier international renommierten Vokalsolisten als Glücksfall: stimmtechnisch, dynamisch flexibel,
ästhetisch sensibel und sowohl solistisch als auch im Ensemble überzeugend.
Der Laie mag kaum ermessen, was an enormer Probenarbeit zu solchen Ergebnissen führte.
Für Puristen mag es spannend sein, ob Verdi ein religiöser, gar frommer Mensch gewesen sei, ob sein Requiem eher eine verkappte Oper sei - bestenfalls mag man das Prädikat "akademisch" für angemessen halten. Für jeden Konzertbesucher, der
offen ist für die musikalische Botschaft, gleichen solche Fragen vergeblicher Liebesmühe. Die Eindrücklichkeit der Textdeutung durch den Komponisten geht unter die Haut, vor allem, wenn die Ausführenden aus einem Guss musizieren, hellwach
für einen geradezu natürlichen Ausdruck. Da hört man nichts Aufgesetztes, dafür wunderbar strömende Bögen. Und wenn es der Text erfordert, gibt es direktes, eruptives Fortissimo bei Schwindel erregender Rhythmik des Orchesters. Überhaupt
glänzte dieses durch elektrisierende Präzision in kongenialem Part.
Warum sollte der überaus erfahrene Opernschöpfer Verdi nicht mit den ihm vertrauten Mitteln das Drama der Totenmesse umsetzen? Zugleich lieferte er (ohne es zu wissen) den Gegenbeweis eines liturgischen Kahlschlags, der das "Dies irae"
einfach ausmerzte! Als ob die Eindringlichkeit der Botschaft vom Jüngsten Gericht einfach so zu verdrängen wäre. Zudem gab es immer wieder Komponisten (etwa Duruflé), denen jener Text - quasi "anstößig" - gegen den Strich bürstete. Und
Verdi: Allein die Länge dieses Teils beträgt zeitlich knapp die Hälfte des Gesamtwerks. Die vielfältigen Details machen die ganze Bandbreite menschlich-religiöser Existenz deutlich - ein Drama unerbittlicher Zumutung, die ausgehalten
werden will. Hätte man nur diesen Teil des Gesamtwerks aufgeführt, so hätte er - pars pro toto - die eschatologische Bandbreite gebündelt. Die Interpretation durch Walter Johannes Beck löste die extreme Spannung völlig ein. Die Präsenz
der Chöre bis ins Pianissimo, in den Bässen etwa ein drucklos klares tiefes e. Berückend die Mühelosigkeit, mit der ein Chor vom dreifachen Forte bis zum vierfachen Piano zugleich die Anforderungen an extreme Höhen und Tiefen meisterte,
alles in professionaler Güte! Der Laie mag kaum ermessen, was an ernormer Probenarbeit zu solchen Ergebnissen führte und dahinter an geistiger Kraft gestaltend wirkte. Die Zielstrebigkeit wird verständlich, wenn man die anspruchsvollen
Programme des collegium vocale seit Jahren miterlebt, u.a. von Frank Martin, Arthur Honegger, Beethovens "Missa solemnis", Bachs "h-Moll-Messe", zweimal Monteverdis "Marienvesper" bis zu Mussorgskijs "Boris Godunow" und Franz Schmidts
"Das Buch mit sieben Siegeln" - etwas vom Schwersten aus der Chorsinfonik aller Zeiten.
Nun also ein Verdi, der als 60-Jähriger im Zenit seiner Könnerschaft steht und dessen Werk zugleich dem Humanum verpflichtet ist. Schade, dass es dem Maestro nicht vergönnt war, seine Reverenz für den mit 76 Jahren verstorbenen Rossini zu
realisieren: diesem zu Ehren eine Totenmesse von den besten italienischen Komponisten als Gemeinschaftswerk zu schreiben.
Wohl auch deshalb gerann Verdis Idee letzlich zu seiner Messa. Und wir Zeitgenossen sind noch immer zutiefst berührt beim Hören dieser Musik, wenn sie so leidenschaftlich aufgeführt wird, ob das nun das ängstlich stammelnde Sopransolo
"Libera me" ist, das peitschende "Dies irae" von Chor und Orchester oder das letzte "Libera me" des Chores (im Textheft unerklärlicher Weise weggelassen), der zusammen mit dem Orchester ins vierfache Piano "stirbt" (morendo)... Was hier
an Höhen und Tiefen durchmessen wird, transzendiert alle Vorläufigkeiten menschlicher Erfahrung.
Allein die Leistungen der Chöre und des Orchesters wurden als glanzvoll wahrgenommen. Und dann noch das Solistenquartett - alles erfahrene Opernsänger mit blendendem Belcanto-Legato: - die amerikanische Sopranistin Celeste Siciliano, die
bis zum Schluss ihre differenzierte Dynamik vollkommen auslotete und im Quartett die gediegene Klangkrone bildete, die griechische Mezzosopranistin Taxiarchoula Kanati, die einfach nur meisterhaft die ganze Bandbreite ihres anspruchsvollen
Parts präsentierte. An ihrer Interpretation wurde zugleich deutlich, welche Höchstansprüche Verdi stellte: extreme Höhe und Tiefe in allen dynamischen Facetten bei charakteristischem Timbre. Man konnte meinen, dass Frau Kanati die
solistische Hauptpartie zugefallen wäre. Sie brillierte entsprechend!
Wer nur an das in Oktaven einstimmige "Agnus Dei" denkt, "ohne Netz und doppelten Boden", weil ohne Orchesterbegleitung! Wen das nicht ergreift, der muss kein Herz haben! Und dann mündet das Ganze in bester Intonationsreinheit in die
Antwort des Chores. Überhaupt war die lupenreine Intonation ein Markenzeichen dieser Aufführung. Das gilt auch für das Orchester, das ohne Nachstimmen auskommen musste, aber eben um den Preis der gelungenen dramatischen Einheit.
Der junge Bulgare Milen Bozhkov sang hinreißend seinen zumeist heldischen Part, ohne die zarten Anforderungen zu vernachlässigen. Vorsicht scheint geboten, ständig in Vollfunktion zu singen, ohne sich dauerhaft zu schaden
(Caruso, Villazon, Kaufmann).
Schließlich stand mit Andreas Beinhauer ein Bariton höchster Güte zur Verfügung. Erst jüngst war er in Schwäbisch Gmünd in Orffs "Carmina burana" zu hören. An diese Aufführung konnte er bestens anknüpfen: flexibel drucklos, aber mit
tragendem Timbre in allen Lagen, alles intelligent durchgestaltend.
Walter Johannes Beck leitete gewohnt souverän, setzte klare Impulse und verlieh dem Ganzen respektvollen Glanz. Die letzte, wohltuende Geste: das gestische Durchhalten des notwendigen Nachklingens. Danach brandete der wohlverdiente
Beifall auf; die überwältigt Ergriffenen erhoben sich von ihren Plätzen.
REMSZEITUNG, 24.10.2018
Mit großer Eindringlichkeit wurde im Heilig-Kreuz-Münster Schwäbisch Gmünd Verdis Requiem aufgeführt. Zwei Chöre, das Collegium vocale, Schwäbisch Gmünd und der Aalener Kammerchor mit insgesamt über hundert Sängerinnen und Sängern
stellten sich im Altarraum des gotischen Münsters auf. Das Orchester collegium vocale konzertierte unter dem umsichtigen, präzisen Dirigat von Walter Johannes Beck.
Der Gründer und Dirigent des Collegium vocale hatte mit Verdis Requiem ein Opus einstudiert, das tiefe Religiosität ausströmt. Texte der katholischen Liturgie und das anlässlich Rossinis Begräbnis komponierte "Libera me" hatte der große
Opernkomponist zu einem Oratorium mit spannungsgeladener Dramatik zusammengefügt. Verdis Spätwerk wurde auch als seine schönste Oper apostrophiert.
Beck spielte meisterhaft auf der Klaviatur seines riesigen Klangkörpers. Wie er Männer- und Frauenchor im Requiem "Introitus et Kyrie" langsam zum Leben erweckt. Zart verschmelzen die Stimmen mit den Instrumentalstimmen des Orchesters.
Er arbeitet Nuancen in Ausdruck und Volumen heraus, dass der Zuhörer gebannt folgt.
Die Solisten vervollständigen das konzertante Ereignis mit wohlklingenden tragenden Stimmen. Die Mezzosopranistin Taxiarchoula Kanati, die Sopranistin Celeste Siciliano, der Bass Andreas Beinhauer und der Tenor Milan Bozhkov machten mit
ihren Soloparts, im Quartett und gemeinsam mit dem Chor das Werk zu einem absolut beeindruckenden und stimmigen Gesamtkunstwerk.
Trommelschläge setzen bedrohlich zum "Dies irae" ein. Ein panischer Aufschrei geht durch den Chor. Die Orchesterstimmen heulen auf. Schreckensfanfaren nähern sich im "Tuba mirum" bis zur Erstarrung im "Mors stupebit", wo gnadenlos Bilanz
des Lebens gezogen wird. Momente des existenziellen Erschreckens und der abgründige Blick ins Nichts in Töne gesetzt mit lähmenden Generalpausen durchbrochen, jagen dem Hörer Schauder über den Rücken.
Der Tag des Gerichts bringt gnadenlos ans Licht, was bisher verborgen geblieben ist. Die Bitte um Errettung von Sopran und Mezzosopran erinnert an den Kreuzestod Jesu, der für die Menschen gestorben ist. Zerknirscht fleht der Tenor um
einen Platz auf der Seite der Gerechten. Der Bass stimmt demütig in den Ruf ein. Nachdem der Bogen geschlagen worden ist von den Schrecken des Jüngsten Gerichts zur inbrünstigen Bitte um Errettung, beruhigt sich die Musik im ergreifenden
"Lacrymosa". Quartett und Chor stimmen erinnernd den Abgesang an den tränenreichen Tag an.
Im "Offertorium" wird die Bitte um Errettung verstärkt. Das "Sanctus" heiligt den Weltenherrscher bis zur zuversichtlichen Gewissheit im "Agnus Dei", das die Sünde der Welt hinweg nimmt.
Am Ende des Requiems gibt Beck Chor, Orchester und Auditorium einige wohltuende Momente Zeit, um in Stille den musikalischen Eindruck nachklingen zu lassen, bevor der lang anhaltende Applaus einsetzt.
SCHWÄBISCHE POST, 22.10.2018
Das Frühjahrskonzert des Aalener Kammerchores auf Schloss Fachsenfeld war mit "Nachtgesänge" überschrieben. Am Montag wäre der letzte Schlossherr Fachsenfelds 119 Jahre geworden: So lag der Gedanke an ein posthumes
Geburtstagsständchen nahe. Das Jahrhundert seiner Geburt wies die Richtung für die erste Hälfte des Konzerts. Musik der Romantiker Mendelssohn-Bartholdy, Brahms und Liszt und des Impressionisten Debussy prägten das Programm.
Chorgesang der besten Art zelebrierten die Sängerinnen und Sänger um Dirigent Thomas Baur in Mendelssohns "Abschied vom Walde". Das Strophenlied wurde klangreich und mit weitem Melodiebogen angelegt. Dominierte in dieser Ode an den Wald
die Harmonie, so verlangten dissonante und schwierige Passi dem Chor in Brahms "Nachtwache I" einiges ab. Die Frauenstimmen präsentierten sich markant, manchmal eine Spur zu sehr. Wunderschön ahmt Mendelssohns gleichnamiges Lied den
Gesang der Nachtigall nach. Terzführungen in den Frauenstimmen und disziplinierte Männerstimmen gefielen hier besonders. Modernere Klänge fanden sich in der zweiten Konzerthälfte. Hier war das "Schlaflied für eine Robbe" von
Eric Whitacre ergreifend. In diesem naturalen Stimmungsgemälde schien man das Wiegen der Wogen ebenso zu hören wie die universale Weite des Meeres. Gesummte Passagen und transparent gewebte Stimmen machten dieses Lied zu einem Höhepunkt
des Abends. Die Trilogie der Gesänge von Morten Lauridsen bot eine ganze Reihe von Stilelementen: Dominierte in "Sa Nuit D'Ete" noch gregorianisch anmutende Formstrenge, so bot das "Soneto de la Noche" erst herbes Flair, das sich bald zu
einer Hymne an das Leben auffächerte. Nicht von ungefähr stand das "te espero" hoffnungsvoll am Schluss, um schließlich zum kraftvollen Wohlklang des "Sure on this shining night" überzuleiten.
Interpoliert waren romantische und impressionistische Klavierstücke des jungen Leander Brune. Seine technische Versiertheit und sein virtuoses Geschick ließen aufhorchen.
Nordische Weite mit kristallenen Figuren im Diskant präsentierte er in Edvard Griegs "Notturno No. 4". Impressionistischen Tonschichtungen, chromatischen Läufen und kraftvollen Kadenzen zeigte er sich in beiden Debussy-Stücken gewachsen.
Dabei gelang es ihm, die Lichtpunkte der Komposition zum Strahlen zu bringen. Jugendlicher Impetus und der Mut, einen Klang nachwirken zu lassen, gefielen ebenfalls bei seinem Spiel. Ein beeindruckendes Konzert wurde mit einer sakralen
Zugabe, dem "Bleib bei uns" von Rheinberger komplettiert.
SCHWÄBISCHE POST, 20.03.2018
Nahezu 300 Zuhörer haben die beiden Konzerte des Aalener Kammerchors in der Quirinus-Kirche und auf Schloss Fachsenfeld besucht. Thomas Baur hatte nicht nur mit der Auswahl des Programms eine glückliche Hand,
sondern auch mit der Einladung des erst 15-jährigen Aalener Klaviersolisten Leander Brune.
In seiner 47-jährigen Geschichte hat der Kammerchor noch nie ein gemeinsames Konzert mit einem Klaviersolisten gegeben. Der mit dem zweiten Bundespreis von „Jugend musiziert“ ausgezeichnete Brune begleitete die fast 50 Sänger nicht
nur feinfühlig und in kongenialer Anpassung, sondern glänzte mit fünf solistisch vorgetragenen werken.
Der Leitgedanke der romantischen Nachtgesänge und die aus der gleichen Zeitperiode und danach stammenden Klavierwerke hielten das Konzert zusammen. Die Qualität des Chors zeigte sich beim Auftakt mit Mendelssohns
„O Täler weit, o Höhen“. Durch die Idee des Dirigenten, die wenigen Männer in diesem Stück unter die vielen Frauen zu stellen, entstand dichter Gesamtklang.
Auch heikle Details im Wechsel vom feinen Pianissimo zum stürmischen Fortissimo in Brahms „Nachtwache“ gelangen überzeugend. Flot angelegte Steigerungen kontrastierten mit leicht verzögerten Abphrasierungen. Mit viel Transparenz
ließen die Frauen Mendelssohns „Nachtigall“ den Frühling ankündigen. Die Männer imponierten mit schwebenden Klangwolken in der „Water Night“ des amerikanischen Komponisten Eric Whitacre (geb. 1970).
Empfindsam begleitete Brune das traumhaft schöne „Schlaflied für eine Robbe“, ebenfalls von Whitacre.
Stimmungsvoll funkelte die Sommernacht aus dem Nocturnes-Zyklen von Morten Lauridsen (geb. 1943). Aus diesem Zyklus des US-Komponisten sang der Chor gleich drei Juwelen gleich glitzernde Lieder nach Texten von Rainer Maria Rilke,
Pablo Neruda und James Agee – Glanzleistungen des Chors in Stimmreinheit und Ausdruck.
Woher nimmt Brune seine Emotionen? Das fragte sich das Publikum erstaunt bei seiner Interpretation anspruchsvoller Klaviermusik. Wie hingehaucht perlten die Läufe in Edvard Griegs „Nocturno Nr. 4“ oder in Debussys „Prelude Nr. 7“.
Vollendet schön ließ der junge Pianist Franz Liszts „Liebestraum“ aufleuchten. Mit Rheinbergers Abendsegen „Bleibe bei uns“ entließen Chor und Solist ihre begeisterten Zuhörer.
AALENER NACHRICHTEN, 19.03.2018
Wer außer sattsam bekannten Werken auch mal ungewohnte Musik neuer Komponisten kennenlernen will, ist beim Aalener Kammerchor richtig. Chorleiter Thomas Baur hat für das diesjährige Programm im Kontrast zu bewährten Chorwerken vergangener Epochen faszinierend Neues gefunden. Der Chor hat es am vergangenen Wochenende bei Konzerten in Neuler, Aalen und Hohenberg imponierend vorgestellt.
Wer „Jubilate Deo“ nach Psalm 100 als Motto wählt, findet beim Meister glanzvoller Renaissance-Musik Orlando di Lasso (1532 bis 1594) den gleichlautenden Titel. Jubelndes Gotteslob in betörender Klangpracht erfüllte am Samstagabend für mehr als 200 Konzertbesucher die Salvatorkirche. Im Vergleich zu den klaren Strukturen di Lassos schlägt der japanische Komponist Ko Matsushita (geboren 1962) mit seinem „Jubilate“ über alle Stränge von Dur und Moll.
Rauschhaft geht es durch alle Tonarten in überbordender Rhythmik und Melodik. Mit überraschender Beschleunigung und steil ansteigender Dynamik kommt man leicht an die Grenzen der Akustik der Salvatorkirche, besonders wenn der Chor exponiert vorne im Altarraum steht. Trotzdem ein überwältigendes Klangerlebnis, das dem Publikum den ersten Beifall abnötigt.
Beruhigend und erholend folgt das „Jauchzet dem Herrn“ von Mendelssohn. Der hat die Kontrastwirkung in sein Stück gelegt, vom Chor und seinem Dirigenten eindrucksvoll herausgearbeitet. Nach überschwänglichem Jauchzen kommt das meditative „Erkennet, dass der Herr Gott ist“. Nun ist die Stimmung da für ein bezauberndes Magnificat von René Clausen (geboren 1953).
Strenge Dissonanzen und scharfe Ton-Cluster
Der amerikanische Komponist neo-romantischer Chorwerke arbeitet gerne mit strengen Dissonanzen und scharfen Ton-Clustern. Umso lieblicher heben sich davon weichgespülte Passagen ab wie „Er nimmt sich seines Knechtes Israel an“, ebenso ausdrucksstark wie innig interpretiert von der Sopran-Solistin Christine Maihöfer-Baur. Obwohl nur zwölf Männer- bei 22 Frauenstimmen glänzt der Chor mit ausgewogener Harmonie, besonders überzeugend in Monteverdis Cantate Domini zur Wirkung gebracht. Mit lautmalerischen Effekten imponiert Francis Poulenc (1899 bis 1963) in seinem Exultate Deo, etwa wenn „die Trompeten zum Neumond blasen“.
Lautmalerisch arbeitet auch der estnische Musiker Urmas Sisak (geboren 1960) in seinem „Benedictio for mixed chorus“. Da murmeln die Bässe „Benedicat“ und die Tenöre hauchen die Zielperson „Deus“ dazu. Die Frauenstimmen entfalten die Dreifaltigkeit mit immer schnelleren Rhythmen und faszinierenden Glissandi-Ausbrüchen. Dem nahezu unbekannten Esten folgt der in der deutschen Chormusik schon heimische Engländer John Rutter (geboren 1945). Sein Cantate Domino scheut keine textlichen und melodischen Zitate verschiedenster Epochen. So erklingt unvermittelt der gregorianische Pfingst-Hymnus „Veni creator spiritus“.
Nach Mendelssohns „Ehre sei Gott in der Höhe“ entlässt der Aalener Kammerchor sein Publikum mit Rheinbergers „Abendlied“. In absoluter Reinheit, dichter Atmosphäre und Achtsamkeit gesungen, fand der seit 35 Jahren bestehende Chor wieder einmal große Anerkennung. Erst nach einigem Zögern bedankten sich die stark beeindruckten Zuhörer mit langem Beifall.
AALENER NACHRICHTEN, 02.07.2017
Das Werk „Die Geburt Christi“ von Heinrich von Herzogenberg aus dem Jahr 1894 ist eine Verneigung vor der Heilsgeschichte. Gewaltig kam es in der Stephanuskirche unter Leitung von Thomas Baur daher – mit dem Aalener Kammerchor,
den Singeklassen des Kopernikus-Gymnasium, dem Orchester „Ensemble Variable“ und herausragenden Solisten.
Eins fügte sich zum Anderen an diesem Abend, der mit der Verheißung und „Dies ist der Tag“ zur Melodie „Vom Himmel hoch, da komm‘ ich her“ begann. Von Herzogenberg war ein großer Bach-Verehrer. Das zeigt sich in seiner Vorliebe für Fugen.
Begeisternd und wohlklingend ist der Wechsel zwischen Orgel (Tobias Renner), Kinderchor, Kammerchor und den Parts der Evangelisten von den Solisten wie Teresa Smolnik (Mezzosopran), den Tenören Thomas Zimmermann, Axel Paridon, Christoph Bier,
Heiko Schulz (Bassbariton) und Heike Beckmann, die die Stephanuskirche gewaltig erklingen lassen. Völlig rund, harmonisch, klar, sauber und auf erstaunlich hohem Niveau gelingt dieses epochale Werk zum Wohlgefallen der zahlreichen Gäste,
mit der fulminanten „Anbetung“, Hirtenmusik, dem Chor der Kinder, Rezitativen, Chor, Solostimmen und Männerquartett erreicht dieses bemerkenswerte Konzert einen Höhepunkt.
Eine große Stütze dieses Abends und wichtiger Dreh- und Angelpunkt ist das 2009 gegründete „Ensemble Variable“. Die Profi-Musiker sind in den vergangenen Jahren besonders mit Kammermusik aus der Romantik, Barock und Zeitgenössischem im Ostalbkreis aufgetreten.
SCHWÄBISCHE ZEITUNG, 8.12.2015
Es sind vor allem die bekannten Choräle, die Heinrich von Herzogenbergs Weihnachtsoratorium "Die Geburt Christi" so volkstümlich erscheinen lassen. Der Kammerchor Aalen unter der Leitung von Thomas Baur führte das selten zu hörende
Werk in der Wallfahrtskirche Hohenstadt auf.
....Die Handlung wird von einem Solistenensemble getragen, der Chor kommentiert das Geschehen mit eingängigen Advents- und Weihnachtsliedern, die kunstreich auskomponiert sind. Anschaulich gestaltet der Kammerchor die verschiedenen
Strophen von "O Heiland, reiß die Himmel auf". Wunderbar zart entfalten die Stimmen "Es ist ein Ros entsprungen" über weichen Streicherklängen des "Ensemble Variable". Schwungvoll intonieren die Sänger "Kommet, ihr Hirten"......
Einer lieblichen Hirtenmusik, der die Oboe, das einzige Blasinstrument im kleinen Orchester, Farbe und Charakter verleiht, folgt der bewegende Auftritt des Kinderchors. Etwa 60 Mädchen und Jungen aus den Singeklassen der Jahrgangsstufen 6
und 7 der Kopernikus-Gymansiums vereinen ihre hellen Stimmen in dem Lied "Kommt und lasst uns Christum ehren" und eilen dann unter dem Dirigat ihres Lehrers Thomas Baur mit dem Hirtenchor gen Bethlehem.
Beeindruckend auch das Finale. Über dem doppelchörig geführten Erwachsenenchor erhebt sich im klaren Gesang der Kinder die Choralmelodie "Er ist auf Erden kommen arm". Dafür gibt es am Ende verdienten Applaus.
SCHWÄBISCHE POST, 7.12.2015
Ellwangen / sz - Bei seinem Auftritt im Ellwanger Speratushaus hat sich der Aalener Kammerchor anspruchsvoller Chorliteratur zu "Wellen und Wogen" gewidmet und das Publikum an ferne Gestade und in Sehnsuchtsländer entführt.
Mit der Rezitation von Erich Frieds Gedicht "Meer" eröffnete das Ensemble den Abend: "Wenn man ans Meer kommt soll man zu schweigen beginnen." Das tat der Aalener Kammerchor glücklicherweise nicht, sondern nahm die Zuhörer auf den
Flügeln der Musik und der Fantasie mit auf eine beglückende Reise dorthin, "wo die Korallen liegen", wie es im 2003 entstandenen Lied des Finnen Jaakko Mäntyjärvi heißt.
Mit günstigen, auffrischenden Winden segelten Chor und Publikum an den Bodensee mit Robert Schumanns gleichnamiger Komposition aus den "Vier Gesängen", op. 59. Graue Inseln, heulenden Winden ausgesetzt, entdeckte man mit "The Haven" des
englischen Romantikers Charles Villiers Stanford und trieb im Kahn im Rudertakt der Wellen dahin mit Alphons Diepenbrocks "Auf dem See". Wunderbar innig interpretierte das Aalener Ensemble Eric Whitacres "Water Night" mit dem Text von
Octavio Paz: "Wenn du deine Augen öffnest, öffnet die Nacht Tore von Moschus".
Gebannt lauschte das Publikum dem minimalistischen Chorgesang bei "Muoayiyaoum" des Schweden Anders Hillborg. Zungenbrecherisch schwer zu buchstabieren, aber gut zu intonieren, zumal von einem so exzellenten Ensemble. Das 16-stimmige Stück
kommt ohne Worte aus. Wie Instrumente wanderten die Sängerinnen und Sänger auf- und abgleitend von dunklen zu hellen Tönen und entwickelten Klangmalereien von eigenartigem Reiz: großartig. Bravorufe und Zwischenapplaus.
Zur deutschen Romantik gehört Fanny Hensel. Ihr "Schilflied" mit dem wehmütigen Text des Spätromantikers Nikolaus Lenau brachte der Chor bewegend zu Gehör und beeindruckte mit dem geheimnisvollen "Vineta" aus "Drei Gesängen" von
Johannes Brahms, op. 42. Mit Hensels Lied "Schweigend sinkt die Nacht" und Charles Hubert Parrys "Never weatherbeaten sail" aus den "Songs of Farewell" von 1916 verabschiedeten sich die Aalener von einem faszinierten Publikum,
das wie in Frieds Ode ans Meer nichts mehr wollte, nur das scharfe Zischen des Windes einatmen und "Meer". Das gab's mit der Zugabe "To be Sung of a Summer Night on the Water" von Frederick Delius. Da capo.
SCHWÄBISCHE ZEITUNG, 21.06.2015
In seinem neuen Programm "Wellen und Wogen" widmet sich der Aalener Kammerchor romantischen und zeitgenössischen Kompositionen über das Meer. Das Publikum in der Gmünder Johanniskirche erlebte ein hörenswertes Konzert, das leider
empfindlich durch lautstarke Beschallung vom Marktplatz gestört wurde.
Die Dichtungen des 19. Jahrhunderts beschreiben das Meer nicht nur als Naturphänomen. Vielmehr erscheint es als Sehnsuchtsort, Fluchtpunkt, Projektionsfläche seelischer Empfindungen. Der Aalener Kammerchor ist musikalisch auf dem Meer unterwegs.
Mit lebhaftem Ausdruck stellt er die vorwärtsdrängende Bewegung des Schiffes hinaus aufs Wasser in Robert Schumanns "Am Bodensee" dar, lässt den Kahn in verspielter Leichtigkeit auf Wellen schukeln in der Vertonung eines Goethe-Gedichts von
Alphons Diepenbrock. Überquert geheimnisvolle Tiefen.
"Vineta" von Johannes Brahms erzählt nicht nur von der versunkenen Stadt, sondern auch von den verborgenen Regungen des Herzens. Weiter geht die Fahrt Richtung Norden. Der Finne Jaakko Mäntyjärvi, geboren 1963, träumt sich in seinem Stück
"Where corals lie" dorthin, wo die Korallen zu finden sind - Musik von fremd anmutender Schönheit, die den Tenören und Sopranstimmen Gelegenheit gibt, sich in lyrischen, weitgespannten Melodienbögen zu entfalten. Heimlicher Mittelpunkt des
Konzerts ist ein Werk des schwedischen Zeitgenossen Anders Hillborg mit dem fast unaussprechlichen Titel "Muoayiyaoum", der schon etwas über die Kompositionsweise verrät. Hillborg verwendet keinen Text, stattdessen spielt er mit Vokalen,
formt aus lang gehaltenen Tönen verschiedenfarbige Klangflächen. Vor dem inneren Auge entsteht das Bild einer weiten Wasserfläche mit schillernden Lichtreflexen und kleinen Wellenbewegungen - Repetitionen, Glissandi, Pfeiftöne sorgen für minimale
Bewegung und Veränderung. Der Klang scheint im Raum zu schweben - ein Stück mit faszinierender Wirkung.
Thomas Baur navigiert die Sänger sicher durch die Partitur dieses anspruchsvollen 16-stimmigen Stücks. Überhaupt beeindruckt sein zwangloser Umgang mit Neuer Musik, die er wie selbstverständlich ins Repertoire integriert, eine Musik, die
ungewöhnliche Klangwelten eröffnet, aufhorchen und staunen lässt. Abend wird es auf dem Meer mit zwei Liedern von Fanny Hensel, der begabten Schwester Felix Mendelssohn Bartholdys, die zeitlebens im Schatten ihres Bruders stand: "Schilflied"
und "Schweigend sinkt die Nacht".
Das letzte Stück stammt von Charles Hubert H. Parry, einem englischen Komponisten. Es bringt die menschliche Sehnsucht nach dem Paradies zum Klingen, wie ein Segel, das sich zum Ufer hingezogen fühlt. Hier blüht die zukünftige Herrlichkeit
noch einmal in strahlendem Chorklang auf.
SCHWÄBISCHE POST 23.06.2015
Aalen kul - Aalens Kammerchor ist immer für eine Überraschung gut. Dafür stehen beispielsweise die zurückliegenden Konzerte „Raumauge“ (2012) und „Die Schöpfung“ (2013). Heuer nahm sich der Chor unter der Leitung von Thomas Baur einer
Eigenart kultureller Entwicklung an: dem Wandel. Eine geläufige Tatsache, pflegt doch jede Generation ihren Musikstil. Im Zeitenlauf ein richtungsoffener Wechsel, der Neues hervorbringt. Gemeinsam mit dem Organisten Hans Roman Kitterer
nahm sich der Kammerchor am Sonntag in der Salvatorkirche mit geistlicher Musik vom Barock bis zur Gegenwart dieses Wandels an.
Vielversprechend für eine „Messe im Wandel“, die als Zwiegespräch von Orgel und Chor angelegt war. Kitterer gab aus der Orgelmesse von Johann Sebastian Bach die Stücke in der vorgegebenen Version vor, der Chor stellte romantische
beziehungsweise moderne Interpretationen gegenüber. Das Ziel, den endogenen Kulturwandel und den durch Begegnungen mit anderen Kulturen entstandenen aufzuzeigen. Ein hehres Vorhaben, zumal es entsprechender wie vergleichbarer Literatur
bedarf, auch erweist sich der Anspruch als Herausforderung für alle.
Als versierter Organist, der keine noch so komplex erscheinende Komposition scheut, hat sich Kitterer längst einen guten Namen gemacht. Thomas Baur mit seinem Kammerchor traut man angesichts vergangener Konzerterfolge ebenfalls alles
zu. Auch eine in sich schlüssige Klärung der „Messe im Wandel“.
Das kontrastreiche Konzertprogramm wurde mit dem „Präludium“ aus Bachs Orgelmesse eröffnet. Bewegend inszenierte Orgelmusik im gewohnt klassischen Duktus. Danach James MacMillans Kyrie „Lord have Mercy“ (2012), ein in dunkle
Klangweisen dramatisiertes „Herr, erbarme dich“. Noch deutlicher die Gegensätze beim „Gloria“ (BWV 676). Kitterer spielt erneut die traditionelle Version, der Chor setzt zum gewandelten „Gloria in excelsis deo“ an. Eine zeitgenössische
Klangweise, bei der sich die Orgel bedeckt hält, aber immer wieder eine lautstarke Zäsur setzt, während der Chor John Doves Lesart (2009) sprechgesangähnlich wiedergibt.
Eindrucksvolle Leistung
Noch ein schönes Beispiel liefern die „10 Gebote“ (BWV 678), die bei Eric Whitacre zu „Hope, faith, life, love“ (1999) werden, für die Zuhörer zum feierlichen Klangbild. Dass die Unterschiede nicht zwangsweise weit ausschwingen,
zeigt sich beim „Vater unser“ (BWV 682), dem Franz Liszts pastoral klingendes „Pater noster“ (1866) gegenübersteht. Dass sich aktuelle geistliche Musik ebenfalls auf Emotionen verstehen, belegt nochmals John Dove im „Sanctus“, dessen
Gesang und Orgelbegleitung donnernd der Textzeile „Dominus deus Sabaoth – Gott, Herr aller Mächte und Gewalten“ entspricht.
Die „Messe im Wandel“ mit ihrer klassischen, romantischen und modernen Liedkunst erweist sich als eindrucksvolle Leistung, als treffliches Miteinander von Kammerchor und Orgel. In der Summe eine glänzende Ausnahme im vielschichtigen
Konzertreigen der Stadt.
SCHWÄBISCHE ZEITUNG, 01.12.2014
Beides hat senen Reiz: Der barocke Glanz und die geistliche Durchdringung in Teilen der Orgelmesse von Johann Sebastian Bach und die Vokalliteratur zeitgenössischer Komponisten aus Europa und Übersee. Organist Hans-Roman Kitterer
und der Aalener Kammerchor haben eine interessante Gegenüberstellung "komponiert".
Sibylle Schwenk - Man hört Bach und wird unmittelbar hineingenommen in einen Sog aus Meditation und einem zu Klang gewordenen Glaubensbekenntnis. Dass der "Dialog" mit zeitgenössischer Vokalliteratur den Bach´schen Werken noch einmal
zu einem ganz anderen, nämlich verbindenden und abstrahierenden Effekt verhelfen kann, das ist die Quintessenz dieses Konzertes in der Kirche Mariä Himmelfahrt, Königsbronn, der Kirche St. Ulrich und Afra in Feuchtwangen und der
Salvatorkirche in Aalen.
Chorleiter Thomas Baur verwirklicht gemeinsam mit Hans-Roman Kitterer, mittlerweile in der Region als Experte von Bach-Interpretationen avanciert, diese neue Erfahrung des Hörens. Dafür hat er seinen gut und ausgeglichen besetzten
Kammerchor bestens vorbereitet und man spürt als Zuhörer, dass sich die Sängerinnen und Sänger wohl fühlen in der differenziert angelegten, vokalen Moderne. Es gilt, die Zauberstellen leuchten zu lassen in sauberer Intonation, den Text
musikalisch umzusetzen und zwar so, dass das Publikum folgen kann. Auf diese Art und Weise wird der Kammerchor zu einem überaus lebendig wirkenden Klangkörper mit dem Gespür für ein Kyrie aus den Händen des schottischen Komponisten
James MacMillan, bei dem eben nicht die drängende Bitte um göttliches Erbarmen im Vordergrund steht, sondern eine flehentliche, bescheidene Bitte. Der Chor lebt auf in ungewöhnlichen Harmonien, Thomas Baur ist der Vorsänger mit
starkem Bariton.
Und jetzt kommt eben Bach: nicht als Zäsur, sondern als Verbindung. Kitterer intoniert in gewohnt verlässlicher und sicherer Art und Weise, lässt die Musik in ihrem filigranen Charakter ganz für sich sprechen. Bach braucht keine
übertriebene Gestik. In diesem Duktus durchläuft man das ganze Messordinarium. Ein Gloria von Jonathan Dove mit Toccata-ähnlichen Zügen, kurz und stechend artikuliert vom Chor. Beeindruckende Klangbilder liefert ein wunderbares
Stück von Eric Whitacre, ein US-amerikanischer Komponist, dessen Werke gerne vom Aalener Kammerchor gesungen werden. Aufmerksam und sehr sensibel erscheint "Hope, Faith, Life, Love" - der Chor arbeitet die verschiedenen Charaktere toll
heraus und schafft mit dem schließenden "Soul" einen jener Zaubermomente in einem überaus weichen Dur-Akkord am Ende. Jonathan Dove kommt in der Folge noch im Sanctus und im Agnus Dei "zu Wort". Eindringlich gelingt auch "Aus der Tiefe
rufe ich, Herr, zu Dir!" von Heinrich Kaminski mit feinem Solo-Sopran. Davor stimmt das passende Orgelstück - wiederum als verbindendes Element - darauf ein. Lediglich mit Franz Liszt und seinem "Pater noster" aus dem Oratorium
"Christus" greift der Aalener Kammerchor einen Romantiker für sein Programm auf. Hier dominieren große Klangflächen mit einleitendem, ganz geschlossen gesungenem Unisono-Teil. Der Chorklang blüht auf in einer chromatischen Steigerung
für "Libera nos" und kann somit einmal mehr zeigen, wie gut es die Musik in einer so schlüssigen Umsetzung vermag, den Worten eine tiefere Bedeutung zu geben.
SCHWÄBISCHE POST 02.12.2014
Die Galerie im Schloß Fachsenfeld ist zu klein für diesen großen Chor. Für den Aalener Kammerchor mit seinen gut 40 Sängerinnen und Sängern ist ein ausgewachsener Konzertsaal der angemessene Platz. Erst recht, wenn der Chor
so markant und forte geführt wird wie am Wochenende durch seinen Dirigenten Thomas Baur.
Der gute Klang wird durch die akustischen Gegebenheiten gedeckelt - was großartig gedacht und gesungen wird, kommt oft übermächtig an. Aber das Publikum in der zwei Mal mit über hundert Plätzen ausverkauften Galerie hörte
sich ein und war aus gutem Grund begeistert. Romantik stand auf dem Programm und Zeitgenössisches mit Wurzeln im Romantischen. Johannes Brahms mit großem Programmanteil, der Däne Niels Gade und beider Zeitgenosse Josef G. Rheinberger
repräsentierten die Hochromantik in der bunt gehäkelten Liedfolge. Eric Whitacre in beiden Teilen des Konzertes, Nils Lindberg und Hugo Alfvén und Volkstümliches von Matthew Harris knüpften an die ambitionierte Pflege zeitgenössischer
englischer und skandinavischer Chorliteratur an, die Thomas Baur mit seinen Chören in den vergangenen Jahren so hingebungsvoll betrieben hat.
Der traditionsreiche Aalener Kammerchor ist jung geworden, ein Generationenwechsel ist vollbracht. Dieses so gesehen neue Ensemble kann viel: sehr gute Artikulation des Textes, aber auch musikalisch. Starke Differenzierung, wie sie die
Romantik nun mal so liebt, kann Thomas Baur leicht und direkt mit seinem expressiven Dirigat abrufen, der Chor hat seinen Dirigenten und dessen Gestaltungswillen im Blick. Thomas Baur hat sich entschlossen, den romantischen Klang durch
prägnante Phrasierung vor sentimentaler Gefühligkeit zu bewahren, Legato-Seligkeit findet nicht statt. Manches blieb - offenbar bewusst - wie unfertig stehen, der auskomponierte Aufbruch der Gefühle wurde nicht zu gefälligem Hochglanz
feingeschliffen, der Sound schroff wie eine romantische Ruine.
So war es wirklich kein Allerweltskonzert, das mit dem singenden Auszug des Chores mit der Zugabe zu Ende ging.
SCHWÄBISCHE POST, 14.05.2014
AALEN-FACHSENFELD jm Der Stil des Festsaales des Schlosses Fachsenfeld, die Ausstattung samt den Bildern an den Wänden hat nun mit dem Charakter und der Auswahl des Konzertprogramms vom Aalener Kammerchor auffallend übereingestimmt.
Zeit und Raum der aufgeführten Werke aus der Romantik sind in ansprechender Weise zusammengeführt worden. Davon überzeugten sich in zwei Konzerten jeweils rund 100 Zuhörer.
Wenige Tage zuvor war der Chor unter Leitung von Thomas Baur von einer Konzertreise nach Solingen und Essen mit diesem Programm „Sehnsucht“ zurückgekehrt. Die akustischen Verhältnisse waren jedoch total unterschiedlich.
Im Ruhrgebiet und im bergischen Land die großen Kirchen mit entsprechendem Nachhall und hier auf Schloss Fachsenfeld trockene Atmosphäre, noch verstärkt durch volle Besetzung.
Die Gefahr einer solchen Akustik, die sich tückisch auf die Transparenz auswirken kann, hat der Kammerchor außergewöhnlich gut bewältigt. Außergewöhnlich war auch die Auswahl, die weit über die gewohnte deutsche Romantik
hinaus führte. Neben der mit Lust erfüllten Waldesnacht von Johannes Brahms und der singenden Nachtigall von Josef Rheinberger überraschten eine Fülle von Werken skandinavischer, baltischer und nordamerikanischer Komponisten,
deren Werke, obwohl überwiegend zeitgenössisch, mehr oder weniger stark von der Romantik geprägt waren.
Während die gefälligen Lieder von Eric Whitacre schon häufig in Chorkonzerten auftauchen, überraschten doch die ungewohnt lautmalerischen Klänge von Niels Gade (Dänemark), Nils Lindberg und Hugo Alven (beide Schweden).
Noch mehr ließen die Shakespeare-Vertonungen des Amerikaners Matthew Harris aufhorchen. Sie verlangten dem von Thomas Baur souverän geführten Chor einiges ab bei der Bewältigung rhythmischer Klippen, schroffer Akkorde und
unvermitteltem Taktwechsel.
Gewagt war auch die Aufnahme von Werken Paul Hindemiths, dem Schöpfer der „Neuen Musik“. Sein „Printemps“ (Frühling) und „Verger" (Obstgarten) waren eine reizvolle Bereicherung des Programms. Gerade dabei wirkte sich die ausgewogene
Balance der gut geschulten Frauen- und Männerstimmen vorteilhaft aus. Ein Gewinn waren auch die Kommentare, mit denen zwei Chorsängerinnen (Adelinde Pfistner und Petra Köppel) das Besondere des außergewöhnlichen Liedgutes
vermittelten.
AALENER NACHRICHTEN, 17.05.2014
Dunkelheit. Paukenschläge, die kurz und scharf einsetzen. Sanft folgen Streicher, dann weitere Instrumente. Die Einleitung. Weitgespannt, ohne Kadenz. „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ - leise singt der Bariton.
In der Aalener Marienkirche beginnt Joseph Haydns berühmtes Oratorium „Die Schöpfung", gesungen vom Aalener Kammerchor. Unter der Leitung von Thomas Baur begleitet die Sinfonietta Tübingen die Sänger, als Solisten treten
Natasha Schnur (Sopran), Volker Hanisch (Tenor) und Andreas Beinhauer (Bass) auf.
Trotz der melodischen Extravaganzen erweist sich das Werk als ein waschechter Haydn, der mit anmutiger Melodik die Schöpfung seelenvoll verehrt. Die Freude, die aus jeder einzelnen Note klingt, findet Unterstützung in dem
von Gottfried van Swieten stammenden Text, der die Gedanken der Zuhörenden ordnet, während Musiker und Sänger für Ausdruckstiefe sorgen. Die Triade aus Kammerchor, Solisten und Instrumentalisten erreicht dies durch pastorales
Timbre, weitschweifende Tonmalerei und kraftvolle Dynamik. Thomas Baur sichert in der Abfolge wie im Zusammenspiel aller Akteure wohltuende Agilität, was besonders dem differenzierten Musizieren der „Sinfonietta“ entgegenkommt.
Bemerkenswert die klangliche Matrix beim ersten Sonnenaufgang. Arien wie Rezitative lassen sich dank klarer Artikulation gut verfolgen, Natasha Schnur bedient einen leichten Sopran, Volker Hanisch einen klangvollen Tenor und
Andreas Beinhauer den kraftvollen Bass. Bemerkenswert: Die Schönheit des Oratoriums wie die bravouröse Leistung der Sänger und Musiker sorgten nach eineinhalb Stunden für langanhaltenden Applaus und ließen gar die Kälte in der
Marienkirche vergessen.
AALENER NACHRICHTEN, 17.11.2013
Frühlingsblumen in Form von herrlichen Chorsätzen hat der Aalener Kammerchor am Sonntagabend auf Schloss Fachsenfeld und tags zuvor in der Freien Waldorfschule Aalen zu Gehör gebracht. Die schöne Auswahl des Programms
und die sichere Ausführung des Kammerchors haben das zahlreich erschienene Publikum den Frühling von seinen schönsten Seiten erleben lassen.
In die Freude über das Lächeln des Frühlings mischt sich die Melancholie, das tiefe Empfinden neu erwachten Lebens und die Einbindung der menschlichen Seele in die Natur. So zumindest war die Vorstellung der Romantiker
wie Johannes Brahms und Felix Mendelssohn-Bartholdy. Deren Musik und die schönen, homophonen Chorsätze sind der Ausgangspunkt für die Kammerchor-Konzerte. In einem homogen erscheinenden Chorklang, in dem sich die Stimmlagen
gut mischen, können so „Die Primel“, das „Lob des Frühlings“ oder „Rosmarin“ in all ihrer Pracht blühen. Die rund 30 Sängerinnen und Sänger um Dirigent Thomas Baur stellen sich auf die sehr trockene Akustik im Galerieraum auf
Schloss Fachsenfeld ein – mit bedingt durch den großen Zuschauerstrom, der ein Auffächern des Chorklanges nahezu unmöglich macht. Deshalb müssen die Stimmen noch tragender sein und die Intonation noch sauberer.
Gemeinsam gelingen so die romantischen Weisen und die Frauenchöre von Johannes Brahms, die die Rose als Gefühlsbotin des Frühlings in den Klang nehmen. Zum Mittelpunkt des Konzerts werden Lieder über eben jene Rose und
die Verse von Rainer Maria Rilke in einer Vertonung des US-amerikanischen Komponisten Morten Lauridsen. „Les Chansons Des Roses“ bestechen im wahrsten Sinne des Wortes nicht nur durch die für Lauridsen typischen, mystischen
Klangflächen, die Ausbreitung eines schillernden Gesamtklangs und das wieder in sich Zusammenziehen ins Unisono, sondern auch die tiefgreifenden Texte Rilkes. „Ich habe eine Ahnung Deiner Gegenwart, perfekte Rose, dass meine
Zustimmung Dich mit meinem Herzen in Festlichkeit vereint“, zitiert der Chor singend und in französischer Originalfassung. Die Stimmlagen fließen ineinander, verschmelzen zu außergewöhnlichen Akkordfärbungen, bauen eine
große Spannung auf, um sich in strahlendem Dur zu finden. Die Sängerinnen und Sänger wirken beweglich im Klangbild, trotz der schweren akustischen Verhältnisse, und genießen die unterschwellig leuchtenden Akkordideen in den
brillanten Kompositionen.
Ebenso wohl fühlt sich der Chor in der vielschichtigen Klangsprache des Zeitgenossen Eric Whitacre. Attraktiv und präzise blühen die „Three Flower Songs“ in clusterartigen Akkorden und in einer vielschichtigen Dynamik.
Einmal mehr verlegt sich der Kammerchor auf die Interpretation der Werke in Originalsprache.
Und sogar hier ist nahezu jedes Wort verständlich, so gut artikuliert und angesprochen sind die Texte. Ein wichtiges Detail im Programm,
denn gerade diese poetischen Verse aus den Händen großer Dichter machen es zu einem runden Kunsterlebnis, das vom Publikum zu Recht reich bedankt wurde.
SCHWÄBISCHE POST,29.04.2013
Ein bemerkenswertes Chorkonzert hat der Aalener Kammerchor unter der Leitung von Thomas Baur am Samstagabend in der Waldorfschule geboten. Etwa 100 Besucher erlebten zum 30-jährigen Bestehen des Chors
romantische Frühlingsgefühle bei „Blumenliedern“.
Romantisches Sehnen und die Wonnen des Frühlings dominierten auch gleich den ersten Programmblock mit drei Liedern von Felix Mendelssohn-Bartholdy und „Rosmarin“ von Johannes Brahms. Der knapp 40 Köpfe
zählende gemischte Chor überzeugte in diesem romantischen Genre, in einer „trockenen“, nachhallfreien Akustik mit vorbildlicher Artikulation, einem transparenten, ausgeglichenen Klangbild und einer dynamisch
lebhaften, munteren Interpretation. Hohe Ansprüche an die Intonationssicherheit der überwiegend jungen Sängerinnen und Sänger stellten die folgenden „Three Flower Songs“ aus der Feder des 1970 geborenen Eric Whitacre.
„Enge“, sich zuweilen reibende Harmonien und chromatische Strukturen, ein eher düsterer Duktus, rhythmische Prägnanz und eine exzessive Dynamik kennzeichneten die modernen, zeitgenössischen Lieder, in denen sich der
Chor unter dem fordernden Dirigat von Thomas Bauer jedoch aufmerksam und konzentriert bestens zurecht fand.
Morten Johannes Lauridsen ist knapp 30 Jahre älter als Eric Whitacre. Auch er schreibt zeitgenössische Lieder, aber die sind so ganz anders als die seines jungen Kollegen. Die „Chansons des Roses“ nach Texten
von Rainer Maria Rilke wirken klangvoll und melodisch, erinnern ein wenig an romantische Popsongs und sind musikalisch weniger anspruchsvoll und schon gar nicht experimentell. Der Chor sang die wunderhübschen Motive
wie etwa in „La rose compléte“ und vor allem in „Dirait-on“ mit gefühlvoller Hingabe und sichtlicher Freude, berührte durch diese inspirierte Interpretation die Herzen der Zuhörer und zauberte auf so manches Gesicht
ein verträumtes Lächeln. Zwischen den Liedblöcken wurden zum Thema passende Gedichte von Erich Kästner, Wilhelm Busch, Anna Steinbach und Wilhelm Hauff vorgetragen.
AALENER NACHRICHTEN, 28.04.2013
Voller Anmut, hochsensibel, erfrischend kontrastreich und spannend durch den Bogenschlag zwischen barocker und zeitgenössischer Advents- und Weihnachtsmusik hat der Aalener Kammerchor die Gäste in der
Wasseralfinger Stephanuskirche bezaubert. Zwischen den stimmlichen Glanzpunkten sorgte das Bläserensemble phonata für den mehr als stimmigen Unterbau eines herausragenden Konzertabends.
Das große Mysterium des Weihnachtswunders, der Hymnus „O magnum mysterium” erklang in zwei modernen Versionen. Einmal in der des baskischen Komponisten Javier Busto und dann in der
von Francis Poulenc. Eigentlich ein Zeitgenosse des französischen Impressionismus, legte er in seinen Opern und geistlichen Werken höchsten Wert auf Klarheit und überschaubare Strukturiertheit,
die der Chor in seiner gewohnten brillanten Manier umsetzte. Wie dann zwei weitere Werke der beiden Komponisten, „Hodie Christus natus est” von Poulenc und das „Jubilate”
von Busto. Der Chor inszeniert unter dem Dirigat von Thomas Baur tief verinnerlicht das Magnificat und das solistisch geprägte „Nunc dimittis” von Gabriel Jackson, entzündet das lebendige
„Gloria dicta sunt” des litauischen Komponisten Vytautas Miskinis. Als wohlklingender Kontrast dazu die Werke von Heinrich Schütz, dem bedeutendsten Komponisten des deutschen Frühbarocks.....
AALENER NACHRICHTEN, 06.12.2011
Mit einem sehr anspruchsvollen Konzert, das einen Bogen von barocker zu zeitgenössischer Chormusik geschlagen und die beiden Epochen in eine spannende Beziehung gestellt hat, nahm der
Aalener Kammerchor gemeinsam mit dem Bläserensemble phonata aus Heubach sein Publikum gefangen. Ein hohes gesangliches Niveau war die Voraussetzung für das begeisternde Konzert.
Genauso stellt man sich ein Geheimnis vor. Es gilt etwas zu entdecken, was verborgen ist in einem feinen Gespinst an dissonanten Unwägbarkeiten, etwas Ungreifbares, etwas Mysteriöses. Dahinter leuchten
die Harmonien in goldenem Dur. Und das tun sie besonders schön, wenn sie so sauber in den Raum gestellt werden. Diese feine Art von intonatorischem Gespür zieht sich von Beginn an durch
die vokale Kunst des Aalener Kammerchors mit Thomas Baur am Dirigentenpult.
Unter seiner Regie wachsen diese musikalischen Geheimnisse, „O magnum mysterium”, von zeitgenössischen Komponisten wie dem Spanier Javier Busto, genauso nachvollziehbar an,
wie das gleichnamige Werk des französischen Impressionisten Francis Poulenc. Sensibel dringt man vor in das Dickicht von Sekundreibungen, ganz leise, bedächtig.
Umso strahlender erklingt das starke „Jacentem in praesepio”. Hier glänzt der saubere Chorklang in all seiner Pracht. Mit gutem Stimmsitz, der sich in der Stephanuskirche wohltuend potenziert,
präsentieren die Chormitglieder auch zwei sehr interessant zu hörende Werke von Gabriel Jackson, einem englischen Chorkomponisten.....
Von sprühender Lebendigkeit ist das „Gloria dicta sunt” von Vytautas Miskinis. Perlende Triolen, gleichmäßig ausgesungen, charakterisieren es. Der Stimmstrahl des Chores kann sich nach
außen und innen wenden, genau so, wie es die Komposition in diesem Moment verlangt. Im schwingenden Duktus und voll von barocker Anmut stellen die Chorsänger diesen zeitgenössischen Kompositionen
Werke von Heinrich Schütz gegenüber.
Gepflegt und fein abgestimmt erklingen die Motette „Also hat Gott die Welt geliebt” und der weihnachtliche Satz über „Der Engel sprach zu den Hirten”.
Gemeinsam mit Orgelpositiv und dem Bläserensemble phonata gelingt eine festliche Gestaltung des Psalms 100 „Jauchzet dem Herren alle Welt”. Wie ein Echo blühen die Bläserfarben von Trompete,
Horn und Posaune auf. Im Vergleich dazu hätte der Chor stimmlich etwas massiver auftreten dürfen.....
SCHWÄBISCHE POST, 06.12.2011
...Die Musik Bachs schafft für den Hörer der Passion einen Raum, in dem sich seine emotionalen Kräfte im Sinne geistlicher Übungen entfalten können. Dafür ist vor allem der Chor im betend-betrachtenden
Charakter der Choräle verantwortlich. Der Aalener Kammerchor wartet dafür mit einem schwingenden, transparenten Chorklang auf, mit starken Stimmlagen, mit sicherer, geführter Intonation. Der Eingangschor
„Herr, unser Herrscher” fordert von der Sängerschaft um Leiter Thomas Baur bereits sämtliches technisches Können. Nebst einer überaus klaren Artikulation und fein abgeperlten Koloraturen,
sind es die fugierten Einsätze, die die stimmliche Sicherheit und das Selbstbewusstsein des Chores charakterisieren.
Das schnelle Umschalten zwischen diesen betrachtenden Chören, zwischen den homophon schreitenden Chorälen und den wütenden Turba-Chören des „Volkes der Juden” ist wohl die größte Aufgabe in
dieser Passion. Ganz nah liegen energische, kraftvolle Einwürfe, wie etwa bei der Anklage vor Pilatus im „Jesum von Nazareth” und dem betrachtend-lyrischen Choral „O große Lieb”
beieinander. Die Stimmung im Chorklang changiert und kann so den jeweiligen Charakter trefflich darstellen.
Sehr präsent zeigt sich der Chor auch in der Fuge „Wir haben ein Gesetz”. Die Stimmlagen blitzen auf, nehmen sich aber auch sofort wieder zurück, um der anderen Platz zu machen....
SCHWÄBISCHE POST, 20.04.2011
Zur Einstimmung in die Karwoche hat der Aalener Kammerchor einen eindrucksvollen Beitrag geleistet. In Teamarbeit mit dem Lukas-Barockorchester Stuttart und hervorragenden Solisten gelang eine
glanzvolle Aufführung von Bachs Johannes-Passion... Die vom Chor entfaltete Klangpracht, die sensible Ausgestaltung, die expressive Dynamik und saubere Intonation zeichnen alle Choräle des gewaltigen Werkes
aus. Thomas Baur wählte ein zwar zügiges, aber nicht zu rasches Tempo. Überzeugend wirkten die geballte Wucht und die Präzision der Einsätze. Was den zwölf Männerstimmen gegenüber der doppelten Anzahl
der Frauen fehlte, glichen sie durch starke Präsenz und Einsatzfreude aus. Trotz der Vielzahl großer Chöre blieb die Durchhaltekraft des Chores erstaunlich gleichbleibend....
AALENER NACHRICHTEN, 20.04.2011
„Laudes Organi”, das Lob der Orgel ist ein imposantes Werk voller Expressivität ........ Thomas Baur führt in großen Gesten die gewollte Dynamik und schafft so eine Brücke zwischen Orgel und Chor. Der lateinisch gesungene Text weist dem Werk die klangliche Linie und seine vokale Färbung, die der Chor gleichermaßen trefflich umsetzt..... Obwohl die Soprane im Programm zuvor schon ein beträchtliches Höhenpensum zu bewältigen hatten, können sie in den Kodaly-Spitzen noch einmal den Chor erheben. Der gewaltig gestaute Aufbau, der sich wie in einem kurzen Akkord-Blitz harmonisch entlädt, schafft eine grandiose Athmosphäre des vokalen Respekts vor der Orgel.....
Zuvor haben sich die sauberen und klar geführten Stimmen mit Kompositionen aus dem Baltikum auseinandergesetzt. Der Anspruch an den Chor und an den Zuhörer ist hoch, die Umsetzung erfreulich.....
Ausgiebiger Beifall steht am Ende des außergewöhnlichen Chorkonzerts, das dem göttlichen Lobpreis, dem Gesang und der Musik gerecht wurde.
SCHWÄBISCHE POST, 2.11.2010
Der Aalener Kammerchor hat mit seinem Konzert in der Stadtkirche der Königin der Instrumente eine prachtvolle Huldigung erbracht.... Um den Höhepunkt „Laudes Organi” herum gruppierte Chorleiter Thomas Baur klingende Bernstein-Perlen aus dem Ostseeraum, nämlich Chorsätze von Komponisten des Baltikums..... Das „Cantate Domino” des Litauers Vytautas Miškinis lebte aus der Spannung zwischen sphärischer Klangmalerei und teils schroffen Rhythmen. Fehlte es dem Chor bei diesem heiklen Start noch ein wenig an Präsenz in den Einsätzen und Glanz in den Höhen, so war das „Magnificat” des Esten Arvo Pärt bereits makellos. Mit weiteren Werken von Arvo Pärt zeigte der Chor sein ausgereiftes Können.....
..... „Laudes Organi”.... Dem Chor gelang eine faszinierende Wiedergabe der rhythmisch-hymnischen Verse, fein gegliedert in dialogischem Wechsel zwischen Männer- und Frauenstimmen.....
Der Aalener Kammerchor hat mit diesem Konzert wieder einmal seine hohe Qualität und sein breites Spektrum in der Präsentation anspruchsvoller A-cappella-Literatur unter Beweis gestellt.
AALENER NACHRICHTEN, 11.2010
Die dramatischen und mythologisch tiefgründigen Ereignisse rund um die Walpurgisnacht mit ihrem vorchristlichen Glaubenskult - zwei Spitzenchöre aus der Region haben sie erstmals gemeinsam musikalisch in Szene gesetzt. In zwei spektakulären Aufführungen in der Aalener Stadthalle und im Gmünder Stadtgarten wirkten der Aalener Kammerchor und das collegium vocale aus Schwäbisch Gmünd sowie das Orchester ensemble variable zusammen. ...Der große Chor, dem eines Oratorienchors gleich, beginnt mit den Frauen. Klar und einheitlich erklingt der gut besetzte Sopran, die Alti bilden in gepflegter Stimmführung die Basis für die entrückenden sopranen Höhen....
Zu Beginn des romantischen Chorabends haben die beiden Dirigenten Thomas Baur und Walter Johannes Beck den ausdrucksstarken „Gesang der Parzen” von Johannes Brahms gesetzt....
...Auch hier zeichnet Goethe den mystischen Gehalt textlich vor. Was Brahms im Jahr 1882 daraus gemacht hat, ist der pure Musikgenuss. ...Harmonien erhalten in der sauberen Klangführung, in der immer spürbaren Präsenz und Aufmerksamkeit der Sängerinnen und Sänger eine neue Leuchtkraft, die die Romantik so sehr liebt. Kontraste zwischen Demut und Aufbegehren gestalten die Chöre äußerst geschmackvoll....
...das Licht der Chormusik begann an diesen beiden Abenden strahlend zu leuchten.
SCHWÄBISCHE POST, 14.6.2010
... Bereits im ersten Werk, „O magnum Mysterium” von Tomas Luis de Victoria, überzeugte die sorgfältige und behutsame Interpretation
der Motette, freute man sich über das glasklare, ausgeglichene Klangbild, in dem die zahlenmässige Überlegenheit der Frauenstimmen kaum ins Gewicht fiel...
Wesentlich kraftvoller, mit markanter Dynamik sang der Chor dagegen Zoltan Kadalys „Ad veni enek”. Vom hauchzarten Pianissimo bis zum frohgemuten Forte
reichte hier das Spektrum des Chores. Mit gut verständlicher Artikulation und präzise intonierend folgte der Chor dem engagierten und detaillierten
Dirigat von Thomas Baur.
Eine besondere Herausforderung vor allem für die Sopranistinnen folgt mit Anton Bruckners „Virga Jesse”. Typisch brucknersche,
langgezogene Crescendi dominierten zunächst das Werk, dann mussten die Sopranistinnen hoch hinauf in extreme Lagen, die sie auch unerschrocken erreichten...
Die Bassisten schickte der Komponist am Schluss in die andere Richtung, ganz tief unten sorgten sie für das Fundament des orgelgleichen Schlussakkords...
Im „Lux Aurumque” von Eric Whitacre bewegte sich der Chor mit sicherer, makelloser Intonation in den vorsichtig eingesetzten Dissonanzen, mit denen der
Komponist die unterschiedlichen Farben und die Spiegelungen des Lichts in Töne umsetzt...
Mit beeindruckenden stimmlichen Reserven und nach wie vor hochkonzentriert interpretierte der Kammerchor zum Abschluss des Programms Edvard Griegs
„Ave Maris stella” und spürte sensibel und mit sehr viel Werkverständnis der nordisch herben Romantik dieser wunderschönen Motette nach.
AALENER NACHRICHTEN Ipf und Jastzeitung Ellwangen, 7.12.2009
... Die moderne Ästhetik verlangt einen diszpliniert arbeitenden Chor, der neben technischer und stimmbildnerischer Fertigkeit auch den Blick für das Ganze, die innere Harmonie und Ausdruckskraft nicht aus den Augen verliert... Dirigent Thomas Baur baut zunächst mit den Sängerinnen und Sängern sowie dem Baritonsolisten Andreas Beinhauer in gemischter Aufstellung die Stimmung einer nach außen gekehrten, musikalischen Seele auf... Akkurat setzt der Chor das Staccato in der „Serenade”, der Sopran schwingt in zarten Höhen. Überhaupt ist die stimmliche Mischung beim Aalener Kammerchor sehr ausgewogen. Ein dichter Alt wirkt warm, dennoch leicht und spritzig, der Sopran blitzt in vibratoloser, sauberer Stimmführung, ist dabei aber nie dominant. Auch die guten Männerstimmen sind von einer nur dem Chor gehörenden Einheit. So wird Genzmers „Irische Harfe”, die darin enthaltene „Heerschar der Elfen” oder der klangvolle „Wind der keinen Namen trägt”, zum vokalen Erlebnis.
SCHWÄBISCHE POST, 19.5.2009